Der Neid liegt in der Natur des Menschen. Aller Menschen? Eine interessante Frage wie mir scheint. Betrachten wir den Neid doch einmal näher...
Man kann auf so gut wie alles und jeden neidisch sein (wohl nur nicht auf sich selbst). Der Neid ist Auslöser von Konflikten, bishin zum Krieg zwischen Staaten. Der Neid zwingt Menschen zu Taten, die andere verletzen und manchmal sogar umbringen. Der Neid verfälscht... den klaren Blick... das Empfinden von Recht und Unrecht...
Eine weit verbreitete Form des Neids ist der Neid auf materielle Gegenstände (Umstände). "Man hat der ein tolles Auto." "Boah der Sack hat Kohle wie Heu" usw. Derjenige der diese Art von Neid verspürt, hat aber immer die Hoffnung, irgendwann einmal nicht mehr aus diesem Grund neidisch sein zu müssen. Zum Beispiel durch einen Lottogewinn...
Etwas anders verhält es sich bei dem Neid auf das "äußere Erscheinungsbild". "Man hat die eine tolle Figur." "Boah ich hätte auch gerne so einen Waschbrettbauch" usw. Natürlich gibt es auch hier eine gewisse Hoffnung für den, der den Neid empfindet... Fitnessstudios, farbige Kontaktlinsen und nicht zuletzt auch die Schönheitschirurgie. Doch hier sind die Grenzen schon deutlich enger gesteckt...
Dann gibt es da natürlich noch die schmerzhafteste Form des Neids. Den Neid auf die individuellen charakterlichen/psychischen Eigenschaften eines anderen. "Man ist die gütig." "Boah ist der empathisch." usw. Bei dieser Form des Neids ist die Hoffnung sehr gering, den Anlass des Neids zu beseitigen. Es bleibt nur die Chance den Neid selbst zu besiegen...
Indem man versucht, menschliche Erkenntnis und Einsicht zu fördern, wird man stets den Widerstand des Zeitalters empfinden, gleich dem einer Last, die man zu ziehn hätte und die schwer auf den Boden drückt, aller Anstrengung trotzend. Dann muß man sich trösten mit der Gewissheit, zwar die Vorurteile gegen sich, aber die Wahrheit für sich zu haben, welche, sobald nur ihr Bundesgenosse, die Zeit, zu ihr gestoßen sein wird, des Sieges vollkommen gewiss ist, wenn auch nicht heute, doch morgen.
Nie kann eine Wahrheit die andere umstoßen, sondern zuletzt müssen alle in Übereinstimmung sein; weil im Augenschein, ihrer gemeinsamen Grundlage, kein Widerspruch möglich ist. Daher hat keine Wahrheit die andere zu fürchten. Trug und Irrtum hingegen haben jede Wahrheit zu fürchten.
Das Echte und ernstlich Gemeinte geht stets langsam seinen Gang und erreicht sein Ziel; freilich fast wie durch ein Wunder: denn bei seinem Auftreten wird es in der Regel kalt, ja mit Ungunst aufgenommen, ganz aus dem selben Grunde, warum auch nachher, wann es in voller Anerkennung und bei der Nachwelt angelangt ist, die unberechenbar große Mehrzahl der Menschen es allein auf Auktorität gelten lässt, um sich nicht zu kompromittieren, die Zahl der aufrichtigen Schätzer aber immer noch fast so klein bleibt wie am Anfang. Dennoch vermögen diese wenigen es im Ansehen zu halten, weil sie selbst im Ansehen stehen. Sie reichen es nun von Hand zu Hand über den Köpfen der unfähigen Menge einander zu, durch die Jahrhunderte.
Die Wahrheit kann warten: denn sie hat ein langes Leben vor sich. - Sie hängt von keiner Gunst oder Ungunst ab und hat bei niemandem um Erlaubnis zu bitten; sie steht auf eigenen Füßen, die Zeit ist ihr Bundesgenosse, ihre Kraft ist unwiderstehlich, ihr Leben unzerstörbar.
Die meine Feinde waren, hatten recht, auch wenn sie kein Recht dazu hatten, denn am Ende seiner Einsicht kann man sich selbst nicht recht geben. Ich brauche jetzt schon keine Feinde mehr, die Wahrheit reicht aus. Ich erschrecke, so oft ich noch hoffe. Das Hoffen ist mir nie bekommen. Ich erschrecke, wenn ich lache, und ich kann nicht weinen. Meine Trauer erhebt mich über euch alle, und so werde ich stürzen. Meine Augen sind groß von Schwermut, mein Blut weiß alles, und ich möchte tot sein. Aber mir graut vor dem Sterben. Es gibt keine Gnade - (M. Frisch)