(...) Im Gegensatz zu uns Sterblichen. Bei uns gilt das Auto schon immer als Phallus- und Statussymbol. Wir denken der Pfau ist eitel, weil er sein Rad schlägt. Weil Männer kein Rad schlagen können, kaufen sie sich eben einen Allrad.
Vor einiger Zeit wurde am verkehrsmedizinischen Institut der Universität Heidelberg die Psychologie des Autofahrens untersucht. Mit verblüffenden Ergebnissen. Die Forscher erkannten drei grundsätzliche Typen von Autofahrern: den Unbelehrbaren, den Belehrenden und den Holländer.
Der Unbelehrbare zeichnet sich durch einen aggressiven, testosterongeschwängerten Fahrstil aus und agiert stets nach dem zweiten newtonschen Bewegungsgesetz: «Wer später bremst fährt länger schnell». «Punkte sammeln» verbindet er nicht mit Payback, sondern ausschließlich mit Flensburg. Sein Revier ist die linke Fahrspur, egal ob auf der Autobahn oder der Bundesstraße.
Seine wichtigsten Hilfsmittel sind Lichthupe, Bluthochdruck und der gestreckte Mittelfinger. Selbst unübersichtliche und widrige Straßenverhältnisse halten ihn nicht davon ab, möglichst schnell von A nach B zu gelangen.
Bei Schneefall richtet sich der Unbelehrbare nach den drei goldenen Winterregeln: möglichst dicht auffahren. Kleinster Gang. Immer Vollgas. Bei Nebel erhöht er die Geschwindigkeit, aus Angst, ihm könnte jemand hinten drauf fahren. Allgemeine Warnhinweise werden von ihm ignoriert oder großzügig uminterpretiert.
So ist der Unbelehrbare beispielsweise fest davon überzeugt, dass sich die Aufforderung «Abstand: halber Tacho» auf die Breite seines Geschwindigkeitsmessers bezieht.
Auch der Belehrende fährt gerne auf der linken Fahrspur, allerdings mit deutlich vermindertem Tempo. Geschwindigkeitsbeschränkungen hält er akribisch ein und zwar auf die dritte Kommastelle genau. Der Belehrende will nicht unbedingt von A nach B kommen. Sein vorrangiges Ziel ist es vielmehr, dem Unbelehrbaren den Tag zu versauen.
Sieht er einen solchen im Rückspiegel auftauchen, bremst er in einer 100er Zone auch mal gerne auf 80 km/h runter und erfreut sich an dem cholerischen Anfall seines Hintermannes. Fast unnötig zu sagen, dass der Belehrende meist einen pädagogischen Hintergrund hat. Er ist beruflich entweder als Lehrer, Frührentner oder Blockwart tätig.
Wenn es irgendwie geht, ist der Belehrende mit seiner Ehefrau unterwegs, die im Zweifelsfall seine Aussagen vor Gericht bestätigen kann.
Der Holländer ist nicht zwingend niederländischer Staatsbürger. Vielmehr bezieht sich der Begriff auf eine bestimmte Mentalität, Auto zu fahren. Der Holländer möchte zwar von A nach B kommen, jedoch ist ihm die dazu benötigte Zeit nicht allzu wichtig.
Sein Fahrstil ist defensiv und bewegt sich auf einer Skala von «hochgradig entspannt» bis «zugekifft bis unter die Hutschnur». Bei längeren Fahrten (so ab 20 Kilometer) werden alle 15 Minuten großzügige Pinkel- und Essenspausen eingelegt.
Alles in allem ist der Holländer ein eher friedlicher Verkehrsteilnehmer, der mit einem gefühlten Wohnwagen an der imaginären Anhängerkupplung unauffällig auf der rechten Fahrspur vor sich hin gurkt.
Der einzige neuralgische Punkt dieser Personengruppe ist der Spurwechsel. Denn bedauerlicherweise ist die Funktion des Rückspiegels dem Holländer genauso unbekannt wie die des Blinkers. Somit ist jedes Überholmanöver ein Himmelfahrtskommando (neben dem Anfahren am Berg – denn den kennt der Holländer ja nicht!).
Hat er es dann ohne größere Katastrophen auf die Mittelspur geschafft, kommt es zum nächsten Knackpunkt – der Beschleunigung. Denn auch dieses Wort kommt im Vokabular des Holländers nicht vor.
Und so zuckelt er mit 81,5 km/h neben dem zu überholenden Tanklastzug her und fängt in der Regel nach 30 bis 40 Minuten mit dem Fahrer eine lebhafte Konversation an. Was hinter ihm passiert, existiert für ihn nicht. Stau ist schließlich immer nur hinten blöd, vorne geht's...