Ist man, so wie ich, seit Jahren zeitlos glücklich, üben Uhren nur eine geringe Anziehungskraft aus, ausser ein Meister wie Guido Daniele macht einem das Übersehen unmöglich. Kommt die innere Unruhe zum Stillstand, erliegt man schnell dem Zauber der Chronometer und Zeit spielt keine Rolle mehr. Geht es doch um weitaus mehr, als den Tagesablauf in genau zu benennende Abschnitte einzuteilen - zehn nach, viertel vor....
Nicht jeder von uns hat das Glück eines George Clooney, bekam er doch von seinem Vater Nick eine fast 50 Jahre alte Omega geschenkt. Der Journalist und seine Frau haben sich nicht aller Altlasten entledigt, weshalb es in ihrem Haus sehr viele Kommoden mit noch mehr Schubladen gibt. Als ein Freund der Clooneys Tonnen von Papier, Büchern und Erinnerungen dem Schredder übergab, behauptete er nun glücklicher zu sein. „Simplyfy your life!“ Nick war Feuer und Flamme, er wollte das auch, weshalb er sich von einem Notizblock und zehn Büchern, die er doppelt hatte, trennte. Seine alte Omega aber, sie hatte 23 Jahre, gebettet in eine Schachtel, darauf gewartet wieder ticken zu dürfen, blieb dieses „Altlasten-Schicksal“ erspart. Der Dornröschenschlaf konnte ihr nichts anhaben. Wieder zu Leben erweckt und regelmässig aufgezogen, ging sie in 14 Tagen nur eine einzige Minute vor.
„Geld spielt keine Rolex“ ist der Yuppie Spruch aus den Achtzigern. Dabei ist die Marke viel demokratischer, Dolly Buster, Che Guevara und Papst Johannes Paul II trugen sie. Klar, dass Hollywood an diesem Mythos, der nächstes Jahr hundert wird, nicht vorbei kommt. Bruce Willis riskierte in „Pulp Fiction“ sein Leben für sie, seine Frau Holly Gennaro („Die Hard“) bleibt am Leben, während Gruber mit ihrer Rolex in die Tiefe stürzt. Dabei handelt es sich nicht um geschicktes Product-Placement, dafür ist sich die Marke zu vornehm, dieses Geschäft überlassen sie gerne anderen. Im letzten Bond Film „Casino Royal“ stellte James Begleiterin blauäugig fest: „Schicke Uhr. Rolex?“ Bonds Antwort: „Omega“. Rolex findet auch Erwähnung ohne dafür zu zahlen, circa zehn- bis fünfzehnmal pro Jahr in einem Top-Ten-Hit „I got the Roley on my arm and I'm pouring Chandon and I roll the best weed“, rappte Snoop Dogg.
Rolex bewahrte sich als eine der wenigen Marken ihre Aura. Autor Alexander von Schönburg: „Meine Uhr hat den selben Jahrgang wie ich, 1969, und die Vorstellung, dass ich sie einmal meinem Sohn vererben kann, scheint mir doch sehr reizvoll“. Gleichgültig ob im Rotlichtmilieu oder in den Finanzdistrikten dieser Welt, ihre Botschaft ist die des Siegers. Mit einer Rolex besitzt man Metalllegierungen, die noch Jahrhunderte überleben werden. Man kann, wenn man könnte, 1.260 Meter tief mit ihr tauchen. Als Edmund Hillary den Mount Everst bestieg war an seinem Arm eine „Oyster“ ebenso wie an Mercedes Gleitzes Handgelenk, als sie den Ärmelkanal durchschwamm. Auch Chuck Yeager war nicht ohne Rolex als er durch die Schallmauer donnerte. Jacques Piccard bringt an der Außenwand seines U-Bootes „Trieste“ eine „Oyster“ an die tiefste Stelle der Erde. Er tauchte 10.916 Meter hinab zum Marianengraben.
Obwohl die Marke, gegenüber ihrer Anfangszeit, weichere Züge hat, mehr Gold, mehr Glitzer, mehr Weiblichkeit, überwiegt der technologische Sex-Appeal, womit zu erklären ist, dass von zehn Uhren sechs an den Herren gehen.
Was haben Bäume mit Armbanduhren zu tun? Auf den ersten Blick nichts, es sein denn, man legt Wert auf eine Repetitionsuhr, eine Uhr, die auf Knopfdruck die Zeit hörbar macht.
Seit siebzig Jahren hegt und pflegt Lorenzo Pellegrini den Forst, liebt die Fichten und bereitet den Wald für die nächste Generation vor. In einer Senke steht sein Liebling, er umarmt sie sanft, schaut an ihr hoch. Sie ist die eine unter den 10.000 Fichten, schlank, gerade gewachsen, ihre 300 Jahre sieht man ihr nicht an. Ihr Holz verspricht den perfekten Klang, der Traum jedes Instrumentenbauers. Pellegrini erfühlt diese besonderen, wertvollen Bäume für Audermars Piquet, eine der grossen alten Uhrenmanufakturen, die sich auf den Bau mechanischer Repetitionsuhren spezialisiert hat. Auf der Suche nach einem noch lauteren Klang kamen sie auf die Idee, zu jeder ihrer Repetitionsuhren eine Verstärkerbox aus Holz herzustellen, die den Klang um ein Vielfaches verstärkt. Er entsteht aus den Bäumen, die der Baumpflücker Lorenzo im Wald aussucht.
Man hatte es leid, dieses unsägliche Gefummel nach Kerze und Feuerstein, nur um in lichtlosen Stunden erfahren zu können, wie spät es ist. Das Prinzip der klingenden Taschenuhr erfand man vor circa 320 Jahren in England, allerdings dauerte es noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, bis Abraham Louis Breguet einen Mechanismus mit Hämmerchen und Tonfeder, statt Glöckchen, erfand, wodurch die Uhren auf tragbare Größe schrumpfen konnten. Schnell wurde die Zeit zu „hören“ die bevorzugte Methode. Auch Napoleon soll angeblich seiner Repetitionsuhr gelauscht haben, um im Morgengrauen, beim Warten auf den Schlachtbeginn, nicht durch eine verräterische Kerzenflamme zur Zielscheibe zu werden.
Es gibt Modelle welche die Zeit minütlich, im Zehn-Minuten-Takt, viertelstündlich oder stündlich mit Dings und Dongs repetieren. Für den Käufer sind die Klänge eine Freude, für den Uhrmacher eine Qual. Der Grund weshalb diese Uhren auch heute noch in nur homöopathischen Mengen auf den Markt kommen, ist die Schwierigkeit sie schön und klar klingen zu lassen.
Die Suche nach dem perfekten Klang beginnt mit der Tonfeder. Schaut man durch eine Lupe auf das Werk der Grande Sonnerie, erblickt man ein unüberschaubares Dickicht aus Hebeln, Rädern, Federn und Trieben in verschiedenen Ebenen, bestehend aus circa 850 Teilen. Bis zu einem Jahr feilt, schraubt und poliert der Uhrmacher, damit der Klang stimmt. Für den „guten Ton“ muss jahrzehntelang Erfahrung mit diesen komplizierten Mechanismen gesammelt werden. Für den Uhrmacher ist der Repetitionsmechanismus das, was der Mount Everst für die Bergsteiger bedeutet: Der Gipfel der Gefühle – und der Quälerei. Die Uhrmacherkunst ist hier am stärksten von der Wissenschaft, aber auch von Hokuspokus beeinflusst. Ihren Wert von mehreren Hunderttausend Euro sieht man den Uhren auf den ersten Blick nicht an, bis ihre Stunde schlägt und sie wohlklingend den Raum mit Zeit füllen. In den Labors von Gérald Genta hat man herausgefunden, den besten Klang hat eine Coladose, aber wer würde für ein Stück Alu schon soviel Geld bezahlen?
Ein „Friendly Face“ zeigen uns die Uhrenabbildungen in Katalogen und Anzeigen. Die Standardzeit ist „neun nach zehn“, in wenigen Ausnahmefällen auch „neun vor zwei“. Der Trick ist, bei dieser Zeigerstellung werden keine Zusatzanzeigen, wie Datumsfenster und Hilfsziffernblätter der Chronographen verdeckt, die sich traditionell bei 3, 6 oder 9 befinden. Siegeswiss gerahmt, durch die V-Stellung der Zeiger, wird hingegen das Markenlogo, das sich unter der 12 befindet. Auch die hartnäckig auftauchende „8“ im Datumsfenster ist nicht zufällig gewählt, gilt sie doch in Asien als Glückszahl.
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